- Patrick Jiranek
- 18. März
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. März
Gerechtigkeit in Organisationen ist mehr als faire Bezahlung – sie prägt Arbeitszufriedenheit, #Vertrauen und Zusammenarbeit. Neben Gehältern zählen transparente Prozesse und respektvolle Führung. Besonders wichtig: Wie Entscheidungen kommuniziert werden, beeinflusst die Wahrnehmung von Fairness oft stärker als die Entscheidung selbst. Eine gerechte Unternehmenskultur entsteht durch klare Strukturen und eine Kultur der Selbstverantwortung. Nur wenn Organisation und Mitarbeitende gemeinsam daran arbeiten, entsteht ein wirklich faires Arbeitsumfeld.

Gerechtigkeit – ein großes Wort, das tief in uns verwurzelt ist. Schon Kinder reagieren empfindlich darauf, wenn sie sich unfair behandelt fühlen. „Warum bekommt mein Bruder ein größeres Stück Torte?“ Diese frühen Erfahrungen prägen unser Empfinden für Fairness und begleiten uns oft bis ins Berufsleben. Doch was genau bedeutet Gerechtigkeit in Unternehmen, und warum ist sie so entscheidend für die Zufriedenheit und Zusammenarbeit der Mitarbeitenden?
Verschiedene Blickwinkel auf Gerechtigkeit
Nehmen wir das Beispiel einer Torte im Büro. Philosophen fragen: Was ist gerecht? Sie diskutieren, nach welchem Prinzip die Torte aufgeteilt werden sollte – nach Hunger, nach Alter oder für alle gleich? Juristen kümmern sich um Gesetze und Vorschriften. Sie schauen, ob es eine Firmenrichtlinie zur Tortenverteilung gibt. Psychologen hingegen interessieren sich für die subjektive Wahrnehmung – warum sich etwa manche benachteiligt fühlen, welche der obigen Prinzipien als gerecht gesehen werden. Denn was für die eine Person gerecht erscheint, empfindet die andere als ungerecht. Besonders im Arbeitskontext spielt diese subjektive Sicht eine große Rolle.

Gerechtigkeit in Organisationen als Marathonlauf
Wir können uns eine Organisation als Marathonlauf vorstellen. Die Mitarbeitenden sind die Läufer, die sich anstrengen, um ins Ziel zu kommen – also Umsatz zu generieren oder Projekte erfolgreich abzuschließen. Doch was sorgt dafür, dass sich alle fair behandelt fühlen? Jahrzehntelange psychologische Forschung zu Gerechtigkeit in Organisationen hat drei Aspekte ergeben:
Verteilungsgerechtigkeit oder «distributive justice»
Haben alle Läufer die gleiche Ausrüstung und faire Startbedingungen? Das entspricht der gerechten Verteilung von Gehältern, Boni und Ressourcen im Unternehmen.
Verfahrensgerechtigkeit oder «procedural justice»
Sind die Regeln des Wettkampfs für alle gleich? In der Organisation bedeutet das transparente, einheitliche und nachvollziehbare Entscheidungsprozesse.
Interaktionale Gerechtigkeit oder «interactional justice»
Wie verhält sich der Coach bzw. die Führungskraft gegenüber den Läufern? Werden sie respektvoll behandelt, motiviert und wertgeschätzt? Diese Dimension ist entscheidend für das #Vertrauen der Mitarbeitenden in ihre Vorgesetzten.
Wenn ein Läufer bevorzugt wird oder die Regeln unfair erscheinen, führt das zu Frustration, Unruhe und schlimmstenfalls zum Ausstieg aus dem Rennen – oder im Unternehmenskontext: zur inneren Kündigung oder zum Jobwechsel.

Warum «interaktionale» Gerechtigkeit besonders zählt
Während faire Gehälter und transparente Prozesse wichtig sind, zeigt sich in der Praxis oft: Die Art und Weise, wie Entscheidungen kommuniziert werden, macht den größten Unterschied. Ein und dieselbe Entscheidung kann entweder als fair oder als verletzend empfunden werden – je nachdem, wie sie vermittelt wird.
Doch nicht jeder Mitarbeitende reagiert gleich auf potenzielle Ungerechtigkeit. Manche fühlen sich schnell gekränkt, andere nehmen dieselbe Situation gelassen hin. Das hängt mit persönlichen Erfahrungen, Erwartungen und dem Grad an #Selbstverantwortung zusammen. Wer von seiner Führungskraft permanente Anerkennung erwartet, fühlt sich schneller benachteiligt als jemand, der seine Zufriedenheit stärker aus sich selbst herauszieht.

Gerechtigkeit – eine Frage der Perspektive, Klarheit und Haltung
Es gibt nicht die eine Gerechtigkeit in Organisationen. Vielmehr existieren verschiedene Dimensionen, und jeder Mensch nimmt Fairness anders wahr. Für eine gerechte Unternehmenskultur bedeutet das: sie entsteht nicht allein durch faire Gehälter oder transparente Prozesse – sondern vor allem auch durch eine wertschätzende, respektvolle Kommunikation.
Dabei ist Gerechtigkeit keine Einbahnstraße. Sie lebt sowohl von den Verpflichtungen der Organisation als auch von der persönlichen Entwicklung der Mitarbeitenden. Unternehmen können durch klare Regeln, transparente Entscheidungsprozesse und faire Führung viel dazu beitragen, eine gerechte Arbeitsumgebung zu schaffen.
Doch auch die Mitarbeitenden selbst sollten beitragen: Wer Gerechtigkeit nur von außen einfordert, statt auch an der eigenen Resilienz und #Selbstverantwortung zu arbeiten, bleibt in einer passiven Haltung gefangen. Eine gesunde Unternehmenskultur fördert daher nicht nur Fairness in Strukturen und Führung, sondern unterstützt auch die persönliche Entwicklung jedes Einzelnen – hin zu mehr Selbstverantwortung und einer reifen Sichtweise auf Fairness. Schlussendlich entsteht ein faires Arbeitsumfeld im Zusammenspiel aus organisationaler Klarheit bezüglich Entscheidungen und individueller Haltung.